LORA München
Markus Hiereth
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1102ko
17.03.2011

UNTERIRDISCHE SPEICHER FÜR TREIBHAUSGAS CO2

Anmoderation

Im Februar brachte Greenpeace eine Deutschlandkarte an die Öffentlichkeit. Sie verzeichnete Orte, an welchen das Treibhausgas Kohlendioxid zur "Entsorgung" in tiefe Bodenschichten gepresst werden könnte. Grundlage war eine Liste der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover. Unverzüglich gab es Reaktionen der dort aufgeführten Kommunen und die Anstalt unterstrich, die Liste stelle nur einen Zwischenstand dar. Erhebliche Teile des Bundesgebietes blieben noch auf Einlagerungs-Möglichkeiten zu untersuchen. Was es für zwei der Gemeinden in den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Ebersberg bedeutet, in der Liste zu erscheinen, war zu klärender Punkt in einem Gespräch, das wir mit Peter Gerling, Fachbereichsleiter an der Bundesanstalt führten.


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Beitrag

Von den 700 Mitarbeitern der Einrichtung befassen sich zwanzig mit der Kohlendioxid-Einlagerung, ein Thema, das seit 11 Jahren in Hannover in Arbeit ist. Beachtet wird aber eher das Potsdamer Geoforschungszentrum, das im brandenburgischen Ketzin tatsächlich seit einigen Jahren das Abfall-Gas in den Boden drückt. Peter Gerling über das Verhältnis seiner Anstalt und der Brandenburger:

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Wir sind so eine Art Wettbewerber, wiewohl wir als Beratungsorgan der Bundesregierung eine andere Aufgabe haben als ein Forschungsinstitut wie das GFZ. Wir sind natürlich informiert, was da läuft, aber nicht im Detail. Wir wissen, dass da zur Zeit die Injektion noch für absehbare Zeit geplant ist, und dass dieser kleine CO2-Speicher dann in einem geordneten Verfahren wieder rückgebaut werden soll.

In Ketzin wird untersucht, inwieweit sich das injizierte Gas im Untergrund verbleibt. Die Mengen sind gering: 10000 Tonnen in einem Jahr. Als politische Frage steht an, wo drei neue Demonstrationsanlagen plaziert werden, für die ein spezielles Gesetz den Rahmen stecken soll.

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Es ist ja geplant im Rahmen des Kohlendioxid-Speichergesetzes, das soll ja ein Demonstrationsgesetz werden. An drei Standorten soll in Deutschland in Demonstrationsvorhabensgröße über eine gewisse Zeit, wir reden von fünf Jahren, CO2 injiziert werden. Auf Basis der Erfahrungen wird über das Gesetz beraten. Dann wird entschieden, ob dieses Verfahren großtechnisch im industriellen Maßstab einsetzbar ist oder eben nicht.

Diese drei Anlagen wären zehn bis zwanzigmal so groß wie die in Ketzin. 15 bis 30 davon bräuchte es, um das, was an Treibhausgas von allen deutschen Kraftwerken ausgestoßen wird, aufzunehmen. Doch abgefangen wäre auf diese Weise nur ein Drittel des deutschen Treibhausgasausstoßes. Zwei Drittel kommen aus Kaminen und Schloten überall im Land sowie aus Flugzeugen, Lastern und Autos.

Willkommen geheißen wird das erst aufwendig abzutrennende und womöglich in Pipelines zu transportierende Gas nirgendwo. Zwar ist Kohlendioxid ungiftig, man hat es auch im sprudelnden Mineralwasser, aber die Gemeinde Puchheim sorgt sich, weil es tiefliegendes Salzwasser hochdrücken könnte, welches dann Grundwasser unbrauchbar machen würde. Für Peter Gerling kommen diese Bedenken verfrüht auf.

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Klar, die Reaktionen sind negativ; kann ich verstehen, weil die Bürger sind überrascht worden sind. Wir selber haben keine Ortsnamen jemals genannt, wir haben uns als geologische Behörde nur grundsätzlich die Speichermöglichkeiten im Untergrund betrachtet und beurteilt. Wir haben nie geguckt, ob darüber eine Stadt ist, ein Naturschutzgebiet oder ein Truppenübungsplatz ist. Hatte nichts mit Planung irgendwelcher Standorte zu tun.

Die Bundesanstalt in Hannover verwertete eben nur Daten über den Untergrund und denkbar ist, dass diese Daten für andere Zwecke gesammelt worden waren, etwa in Zusammenhang mit Geothermie, einer Technik, bei der Erdwärme zur Heizung von Gebäuden verwendet wird. Peter Gerling versichert, dass die Vorgeschichte der Datenerhebung für die Beurteilung von Standorten ohne Bedeutung sei. Denn es gäbe eindeutige Prioritäten.

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Wenn es Konzessionen gibt für Geothermie, dann haben die Bestandsschutz. Genehmigungsbehörde hat letztendlich die Befugnis zu entscheiden, ich lasse dieses oder jenes an diesem Standort machen. Man muss ja auch die lateralen Auswirkungen bedenken, das hat Konsequenzen für die Umgebung dieses Standortes. Alle diese Dinge werden berücksichtigt wenn es um eine Standortentscheidung geht.

Als sichere Endlager betrachten die Geologen auch ausgebeutete Erdgas-Vorkommen, denn wo sich Erdgas über erdgeschichtliche Zeiträume gehalten hat, bliebe dann wohl auch das Kohlendioxid an Ort und Stelle. Ein solches ausgebeutetes Vorkommen liegt in 3000 Metern Tiefe unter Wolfersberg zwischen Zorneding und Oberpframmern. Den Hohlraum nutzt seit Jahren die Bayerngas GmbH als Erdgaszwischenspeicher. Ein paar Steinwürfe davon entfernt liegen Buch und Fürmoosen, die die Bundesanstalt als potentielle CO2-Einlagerungsstätten klassifiziert. Erkenntnisse, ob die drei nah beisammen liegenden Flecke im Landkreis Ebersberg nicht untereinander verbunden sind und man am Ende im Untergrund einen Cocktail aus Kohlendioxid und Erdgas hat, stehen anscheinend noch aus.

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Das sind Dinge, die natürlich vor Genehmigung erwogen werden müssen. Da ist die Landesbehörde erfahren genug, um abzuschätzen, ob es Interferenzen gibt. Das ist ein meines Erachtens ein klares Kriterium, sich gegen so einen solchen Speicher auszusprechen. Ich bin ganz sicher, dass die zuständigen Behörden die Erfahrung haben.

Der Pressesprecher der Bayerngas gab sich jedenfalls überrascht, dass in nächster Nähe des Erdgasspeichers die Verpressung von Treibhausgas in Frage käme. In Bayern wird diese Angelegenheit in den nächsten Jahren jedoch kaum hochkochen, denn Peter Gerling von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe schließt aus, dass von den drei Demonstrationsanlagen auch nur eine nach Süddeutschland kommt.

Abmoderation

Beim derzeitigen Anfall des Treibhausgases Kohlendioxid werden die unterirdischen Speicher übrigens nur einige Jahrzehnte reichen.